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Planeten-Geologin Daniela Tirsch im Interview

Die Faszination für den Mars ist groß. Auch wir vom „Tag der kleinen Forscher“ sind vom "roten Planeten" angetan und sprechen deshalb mit Frau Dr. Daniela Tirsch. Sie ist Planeten-Geologin vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und Spezialistin für unseren Nachbarplaneten. Wie ihre Arbeit auf der Erde aussieht, wie der Mars zu seiner roten Farbe kommt und was sie auf eine Reise zum Mars mitnehmen würde, erzählt Sie uns im Interview.

Du bist Planeten-Geologin bzw. Planetenforscherin. Was genau machst du?

Daniela Tirsch: Meine Arbeit sieht so aus, dass ich hauptsächlich den Mars untersuche. Da man nicht jeden Tag zum zur Arbeit gehen kann, sitze ich meist am Schreibtisch. Ich schaue mir Bilder vom Mars an, die mir von Satelliten, die momentan um den Mars fliegen, zur Erde geschickt werden. Auch von den kleinen Rover, die auf den Mars geschickt wurden, werden Bilder zu mir gesendet, ich analysiere diese dann am Rechner mit unterschiedlichsten Programmen und ziehe meine Forscherschlüsse daraus. Ansonsten fahren wir viel auf Dienstreise. Wir treffen uns mit anderen Forschern, gehen auf Konferenzen, halten dort Vorträge und tauschen uns aus. Ein sehr schöner Aspekt der Arbeit einer Planeten-Geologin ist auch die Feldarbeit. Das heißt, man untersucht geologische Gesteine oder andere Formationen, die es auf dem Mars und der Erde gibt, hier auf der Erde, um daraus Rückschlüsse zu ziehen, wie es auf dem Mars sein könnte. Das macht am allermeisten Spaß.

Was fasziniert dich am meisten an deiner Arbeit?

Daniela Tirsch: Für mich als Geologin ist es besonders spannend, dass die Prozesse, die auf der Erde stattfinden, auch auf dem Mars zu finden sind. Es gibt zum Beispiel auf der Erde Vulkane und auch auf dem Mars gibt es Vulkane. Früher gab es auch flüssiges Wasser, Flüsse und Seen auf dem Mars, das ist heute nicht mehr der Fall. Es gibt sogar Marsbeben. Man kennt Erdbeben, aber Marsbeben gibt es auch. Das sind alles geologische Prozesse, die man wunderbar vergleichend analysieren kann.

Du hast über dunkle Dünen auf dem Mars promoviert. Was genau hast du untersucht? Und was gibt es für Erkenntnisse?

Daniela Tirsch: Auf dem Mars gibt es Sanddünen. Man kennt auf der Erde Dünen vom Strand oder auch von der Wüste, da sind die Dünen alle hell und es ist ein Sand, der aus Quarz besteht. Auf dem Mars sind die Dünen alle dunkel. Ich habe mir angeschaut, wo sie überall zu finden sind, zum Beispiel in Einschlagskratern, die es auf dem Mars sehr häufig gibt. Wie sehen die aus? Welche Dünen-Typen findet man auf dem Mars? Ich habe das mit Dünen-Typen auf der Erde verglichen. Besonders interessant ist die Zusammensetzung dieser Sande: da hat sich herausgestellt, dass die Dünen aus Mineralien bestehen, die ausschließlich durch Vulkanismus entstehen. Somit konnte bewiesen werden, dass diese Dünen aus vulkanischem Material bestehen, also vulkanischer Asche, die vor vielen Milliarden Jahren auf dem Mars entstanden ist und auch ein bisschen zerkleinerter Lava.

Du hast gesagt, es gibt einige Parallelen, die du zwischen unserem Planeten und dem Mars ziehen kannst. Was sind denn die größten Unterschiede?

Daniela Tirsch: Es stimmt, neben diesen ganzen Gleichheiten gibt es auch große Unterschiede. Der größte ist wahrscheinlich, dass der Mars heute extrem kalt und extrem trocken, quasi eine polare Wüste ist. Der Mars ist nur halb so groß wie die Erde, er ist also ein relativ kleiner Planet. Heute gibt es kein Wasser mehr, höchstens in Form von Eis an den Polkappen. Die Polkappen sind wieder eine Gemeinsamkeit. Ein großer Unterschied ist noch die Luft, die man auf dem Mars atmen kann. Sie ist extrem dünn und man könnte sie als Mensch gar nicht atmen, weil sie nur daraus besteht, was wir als Menschen ausatmen, nämlich Kohlendioxid. Auf dem Mars gibt es außerdem gigantisch große Berge, viel größer als die auf der Erde. Der größte Berg auf dem Mars ist zweieinhalbmal so groß wie der größte Berg auf der Erde und es gibt viel größere Täler. Alles ist sowieso viel größer, obwohl der Mars viel kleiner ist als die Erde. Auf dem Mars kann nämlich alles wachsen, solange es will. Es wird nichts abgetragen, weil es keinen Wind und kein Wetter und keinen Schnee gibt. Wir Geologen nennen das Erosion, wenn etwas immer wieder abgetragen wird und das gibt es auf dem Mars nicht.

Warum ist der Mars rot?

Daniela Tirsch: Man könnte fast sagen, dass die Oberfläche des Mars verrostet ist. Man kennt Rost auch auf der Erde, alles, wo Eisen dran ist. Das ist ein Metall, das sich, wenn Sauerstoff dazukommt, verändert und dann von dunkel zu rot wird. Das passiert mit dem gesamten Staub auf dem Mars. In der Marsluft ist noch ein wenig Sauerstoff vorhanden und der reicht schon, um das Eisen im Marsstaub rosten zu lassen. Deswegen ist der ganze Planet rot. Hauptsächlich zumindest.


Was denkst du, werden wir den Mars je besiedeln?

Daniela Tirsch: Ich glaube nicht, dass wir den Mars irgendwann mal besiedeln werden, also im Sinne von: Die Menschheit wird auf den Mars auswandern, weil die Erde nicht mehr bewohnbar ist. Dafür ist der Mars viel zu klein, viel zu unwirtlich und viel zu kalt. Die Lebensbedingungen auf dem Mars würden das nicht hergeben. Was es aber definitiv geben wird, sind Forschungsstationen von Menschen, die dort über sehr lange Zeit leben und forschen werden. Sich ihr Essen anbauen, Gewächshäuser haben werden und dort mit Rover umherfahren. Daran wird auch schon gearbeitet. Es werden dafür bereits Technologien entwickelt, wie man beispielsweise auf dem Mars Sauerstoff generieren kann, damit die Astronauten atmen können oder Raketentreibstoff entwickeln und wieder zur Erde zurückfliegen kann. Das ist alles in Planung und etwa 2050 kann man damit rechnen.

Würdest du selbst gerne mal zum Mars fliegen?

Daniela Tirsch: Mir ist es momentan zu gefährlich. Wenn es irgendwann, vielleicht in 100 Jahren Touristenflüge geben und ich da noch leben würde, vielleicht eher. Ich liebe mein Leben hier auf der Erde. Ich bin gerne an der frischen Luft. Ich brauche Pflanzen und Tiere und das gibt es alles auf dem Mars nicht. Da ist es -60 Grad kalt und man muss immer nur drinnen bleiben. Bei aller Forscherliebe und Interesse an dem Planeten ist es für mich nichts.

Nur mal angenommen: Du packst deinen Koffer für den Mars. Welche drei Dinge nimmst du mit?

Daniela Tirsch: Auf jeden Fall etwas Warmes zum Anziehen, weil es dort sehr kalt ist. Zimmerpflanzen. Gute Musik. Und ein paar Probenbeutel, um die Sande von meinen dunklen Dünen einsammeln und analysieren zu können.

Vielen Dank für das Gespräch und dass du uns einen Einblick in Deine Arbeit gegeben hast.

Daniela Tirsch: Sehr gern.