Direkt zur Hauptnavigation, zur Unternavigation dem Inhalt oder zum Seitenfuß

"Wir sind ein Teil des Universums!"

Zum "Tag der kleinen Forscher" nehmen wir dieses Jahr alle Kinder mit auf ein Abenteuer durch das Weltall. Wir beginnen unsere Reise auf der Erde und schauen zuallererst nach oben: Zusammen mit Tim Florian Horn, Direktor des Zeiss-Großplanetariums, der Archenhold Sternwarte Berlin und Vorstand der Stiftung Planetarium Berlin, werfen wir einen Blick auf den Sternenhimmel, astronomische Phänomene und Teleskope auf der Erde und dem Weltall.

Das Interview im Wortlaut:

Du warst mit 31 der jüngste Planetariumsdirektor weltweit. Woher kommt deine große Leidenschaft für den Sternenhimmel?

Tim Florian Horn: Ich hatte das Glück, als Kind in einem Vorort einer größeren Stadt aufzuwachsen. Dort hatte man einen wunderschönen Sternenhimmel und ich muss wohl schon mit vier oder fünf Jahren meine Eltern gefragt haben, was man am Himmel sieht. Als ich dann mit elf oder zwölf Jahren in einem Planetariums-Verein anfangen durfte, habe ich schon mit 14 Jahren Vorträge gehalten und alles Mögliche im Planetarium gemacht. Für mich ist daraus eine Leidenschaft entstanden, Astronomie zu vermitteln.

Wie kann man die Begeisterung für das Weltall an die Kinder weitergeben? Was sind Anregungen, wie man sich dem Thema nähern kann?

Tim Florian Horn: Ich glaube, das Wichtige ist, dass die Kinder selbst Dinge machen dürfen und nicht unbedingt Filme gucken oder dass etwas Vorbereitetes einfach abgespielt wird. Wenn junge Menschen bspw. selbst Bilder vom Hubble Space Teleskop bearbeiten können, selbst Dinge herausfinden dürfen, dann ist die Begeisterung, zumindest bei uns in den Planetarien und Sternwarten, am größten. Früher war es so, da hat man auf einen Knopf gedrückt und ein Programm geguckt. Heute haben wir riesige Datenbanken an astronomischen Daten. Wenn ein Kind eine Frage hat, dann können wir da direkt hinfliegen. Das ist, glaube ich, das, was begeistern kann. Zu merken: Die Forschung geht weiter und ich als Kind, als Jugendlicher kann daran teilhaben.

Welche Erkenntnis über den Sternenhimmel hat dich bis jetzt am meisten beeindruckt?

Tim Florian Horn:
Die Größe des Kosmos. Wenn man anfängt, darüber nachzudenken, wie weit es zum Mond ist, zu den nächsten Planeten, Sternen oder gar zu anderen Milchstraßen, dann merkt man, wie klein wir selber sind. Und dass wir trotzdem hier sitzen, war für mich die größte und schönste Erkenntnis; dass wir aus Kohlenstoff, Sauerstoff, Eisen bestehen, wir signifikant und besonders sind, weil wir denken, fühlen und Kunst betreiben und doch Teil des Universums sind.

In der Archenhold-Sternwarte gibt es das längste bewegliche Linsenfernrohr der Welt. Was ist der Unterschied zwischen Sternwarte und Planetarium?

Tim Florian Horn: In einem Planetarium haben wir eine Halbkugel, in die wir die Sterne projizieren. Wir machen den Sternenhimmel nach - digital und analog, nutzen also viel Technik, um das Universum erklären zu können. In der Sternwarte haben wir meistens auch große Kuppeln, wir gucken aber raus - mit Linsen- oder Spiegelteleskopen, um das Universum zu fotografieren und zu messen.

 

"Das war für mich die größte Erkenntnis, dass wir aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Eisen bestehen und doch Teil des Universums sind. Dass wir signifikant und besonders sind, weil wir denken, fühlen und Kunst betreiben."

Lass uns kurz über dein Planetarium sprechen. Was ist aus deiner Sicht die spannendste Vorführung, die das Zeiss-Großplanetarium aktuell für Kinder zwischen vier und zehn Jahren anbietet?

Tim Florian Horn: Das ist eine schwierige Frage, weil wir mittlerweile 30 unterschiedliche Programme in den Planetarien haben. Aber ich finde gerade besonders schön das Programm "Armstrong", umgesetzt und visualisiert nach einem Kinderbuch. Eigentlich eine wahnwitzige Reise einer Maus, die sich in den Kopf gesetzt hat, zum Mond zu fliegen. Das finde ich eine so schöne, motivierende Geschichte für Groß und Klein, dass das im Moment ein heimliches Pflichtprogramm ist.

Das ist ein zauberhaftes Buch. Hast du einen Tipp, wie man den Sternenhimmel mit Kindern am besten erkunden kann?

Tim Florian Horn: Der beste Tipp ist sicherlich aus der Stadt herauszugehen: Städte sind voller Licht, Schmutz, Straßenlaternen und Autoscheinwerfer, Gebäude werden beleuchtet etc. Man sollte in kleinen Gruppen aus der Stadt heraustreten. Da reicht schon ein Feldstecher oder ein einfaches Teleskop, um den Himmel gut zu beobachten. Bei uns auf den Sternwarten gibt es außerdem das Programm "Stern-Kieker". Es ist nur für Kinder und wir lernen gemeinsam den Umgang mit Teleskopen. Wenn das Wetter gut ist, beobachten wir auch so lange, bis die Bettzeit anbricht.

Apropos Teleskop: Es gibt viele Teleskope auf der Erde, aber auch welche im Weltall. Das neueste ist das James Webb Teleskop. Was ist das Besondere an diesem Teleskop?

Tim Florian Horn:
Dieses neue Teleskop ist 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, um zum einen alles Mögliche an Strahlung der Erde wegzulassen, aber auch, damit man es richtig runterkühlen kann. Das James Webb Teleskop beobachtet nicht im normalen, sichtbaren Bereich, sondern im Bereich der Wärmestrahlung bzw. der Infrarotstrahlung. Das heißt, dass man Sternen und Planeten bei der Entstehung zugucken kann. Das ist für uns neu und spannend. Wir können auch weit entfernte Galaxien beobachten, so dass wir in dem ersten Jahr, in dem das Teleskop im Weltraum ist, bereits erste große Erkenntnisse bekommen haben. Wir freuen uns darauf, noch mal zehn Jahre oder mehr Forschung damit betreiben zu können.

Stimmt es, dass damit Bilder von den Anfängen des Universums gemacht werden konnten?

Tim Florian Horn: Zumindest von Galaxien, die sehr weit entfernt sind. Galaxien, die so früh nach der Entstehung des Universums entstanden sind, dass wir noch gar nicht wissen warum. Wir haben Theorien zum Anfang des Universums oder dazu, wann die ersten Sterne oder Milchstraßen da waren. Das James Webb hat uns bereits Sachen gezeigt, die eigentlich an dem Zeitpunkt noch hätten gar nicht sein sollen, so dass große, neue Fragen aufgetaucht sind. Und immer, wenn eine beantwortet wird, kommen durch so ein Teleskop zehn neue Fragen hinzu. Das ist sehr spannend, was gerade alles in der Astronomie passiert.

Wenn wir einen Blick auf 2023 werfen: Gibt es ein himmlisches Highlight oder Ereignis, das sich in diesem Jahr besonders gut beobachten lässt?

Tim Florian Horn:  Es werden auch in diesem Jahr viele Sternschnuppen-Ströme zu sehen sein, wie die Geminiden und die Perseiden. Dagegen sieht es dieses Jahr ein wenig dünn aus mit Mond- und Sonnenfinsternissen. Wie werden nur eine im Herbst in Deutschland sehen können: Da werden zehn bis 15 Prozent des Mondes in den Kernschatten eintreten. Es ist mehr ein Jahr für Kometen, wie wir sie derzeit am Abendhimmel sehen können oder für Planeten. Über den Sommer und Herbst werden wir fast alle sichtbaren Planeten am Himmel sehen können.

Zum Schluss noch ein Hör-Tipp:  Du hast einen Kinderpodcast mitentwickelt, in dem man viel über das Weltall erfährt.

Tim Florian Horn: Unser Podcast "Abgespaced" war für den Grimme-Online-Award nominiert, was uns sehr gefreut hat. Im Podcast versuchen wir das Weltall von A bis Z kindgerecht zu erklären und auch zu faszinieren mit Kinderreportern, die zu Forschern und Forscherinnen gehen. "Abgespaced" wird hoffentlich ab Frühjahr in die zweite Staffel gehen.

Wir bedanken uns für das Gespräch!